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Der perfekte Pitch

 

Im zweiten und letzten Teil der Interviewreihe geht es um den perfekten Pitch. Wie dieser aussehen sollte, erklärt Felicitas Lentz, Geschäftsführerin bei The Observatory International in Hamburg, im Gespräch mit Markus Mayr, Mayr PR. Das Interview ist erstmals am 15. Oktober 2020 auf LinkedIn erschienen.

 


 

Picture German OfficeJede Agentur wünscht ihn sich, jedes Unternehmen verspricht ihn. Doch was macht wirklich den „perfekten Pitch aus”?

Vor ein paar Wochen habe ich mich mit Felicitas Lentz, Geschäftsführerin bei der Pitchberatung The Observatory International, darüber unterhalten, was bei der Agenturauswahl alles schieflaufen kann. Heute wollen wir darüber sprechen, was Unternehmen und Agenturen tun müssen, damit es optimal abläuft.

Die wichtigste Frage vorab: Gibt es den perfekten Pitch eigentlich?

Felicitas Lentz: Na klar gibt es den. Aber es gibt eben nicht den Einen, denn auch hier gilt, Vorgehensweise und Inhalte müssen zum jeweiligen Auftraggeber, den Zielen und Aufgaben passen. Gleichzeitig muss es eindeutige und transparente Rahmenbedingungen geben, auf die sich alle Beteiligten einstellen können. Das kommt im Übrigen öfter vor als man meint.

Was bedeutet das konkret für die Agenturauswahl bzw. für einen Pitch?

Felicitas Lentz: In der Regel hat sich das ausschreibende Unternehmen im Vorhinein einige wichtige Fragen beantwortet: Woran mache ich fest, dass die Agentur mir genau das liefern kann, was ich benötige? Und schließlich, wie setze ich das in einem angemessenen und fairen Auswahlprozess um und wie sieht eine entsprechend (faire und machbare!) Aufgabe für den Pitch aus?

Aber sind wir mal ehrlich: Eigentlich ist ein klassischer Pitch – also der Kunde brieft, die Agentur zieht sich in ihr stilles Kämmerlein zurück und kommt mit einem Lösungsvorschlag um die Ecke – das Sinnbild für eine traditionelle und überholte Art und Weise der Zusammenarbeit zwischen Agentur und Kunde. Kommunikation und Marketing sind so komplex, dass es doch viel stärker um Kollaboration gehen sollte.

Ich sollte als Kunde also auch abwägen, ob es nicht andere, bessere Varianten und Wege zu einem neuen Agenturpartner gibt. Aus diesem Grund empfehlen wir sehr häufig, alternative Workshop-Prozesse oder Testprojekte durchzuführen oder mindestens Workshop-Elemente in einen Auswahlprozess einzubinden. Hier kann der Fokus stärker auf das “Wie” einer Zusammenarbeit gelegt werden und weniger auf das “Was”, also was am Ende als Ergebnis herauskommt.

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OK. Nehmen wir einmal an, wir haben uns dennoch für einen Pitch entschieden. Wie geht es denn jetzt los?

Ganz wichtiger Punkt dabei: Wer sind die Stakeholder im Unternehmen? Wer ist am Pitch beteiligt? Wer hat welche Rolle? Wer bewertet und wer trifft am Ende die Entscheidung?

Unbedingt sollten die Auswahl- und Entscheidungskriterien gemeinsam festgelegt und im besten falle priorisiert werden, damit auch alle am gleichen Strang ziehen. Letztendlich gibt es dann eine verbindliche Entscheidungsgrundlage und Scorecard für alle.

Jetzt habe ich intern meine Stakeholder abgeholt. Wie komme ich dann an die Agenturen?

Auch hier geht die Geschichte weit vor dem eigentlichen Pitch los. Die Agentursuche und -auswahl bildet eigentlich DAS Fundament. Und das ist vielen Unternehmen, glaube ich, gar nicht so bewusst. Indem in mehreren Stufen die Eignung der Agenturen mit den Auswahlkriterien und schließlich auch die Chemie mit dem voraussichtlichen Kernteam abgeglichen wird – also mittels RFI und Kennenlern-Meetings, ist eine robuste Entscheidung, wen ich zum Pitch einlade überhaupt erst möglich. So wird nach und nach aus einer Longlist eine Shortlist. Dabei wurden die Stakeholder im Vorfeld zwar abgeholt und bleiben weiterhin im Boot.

Mehr als fünf Agenturen (ggf. inkl. Bestandsagentur) sollten übrigens nicht zum Pitch eingeladen werden. Alles andere halte ich für Zeit- und Ressourcenverschwendung sowohl für die beteiligten Agenturen als auch für den Kunden. Wenn man vorher einen guten Auswahlprozess durchgeführt hat, sollte es dafür auch keinen Grund geben.

Wenn die Agenturen feststehen, kommt das Kernstück des Pitches, das Briefing. Was ist hier entscheidend?

Zeit & Ressourcen! Das wird oft unterschätzt.

Idealerweise arbeitet der/die Verantwortliche bei der Erstellung eng mit Abteilungen wie Einkauf, Legal, Marketing und ggf. weiterer Experten wie Digital, Tech/Data/Datenschutz, PR, Vertrieb, etc. zusammen. Es ist nun mal alles komplexer geworden, alles hängt eng miteinander zusammen und wirkt sich aufeinander aus.

Sicherlich weiß jeder Kunde, was grundsätzlich in einem Briefing enthalten sein sollte. Die Beschreibung der Marketingziele, Marketing-Pläne, Herausforderungen der Marke und Zielgruppen etc. werden aus der Unternehmens-internen Perspektive meist auch perfekt erläutert. Was aber dann oft zu kurz kommt, ist „Was heißt das für die Agentur?“ Eine klare Kommunikation, was genau von der Agentur einerseits im Rahmen dieses Pitches erwartet wird und auf der andern Seite welche Rolle diese im Rahmen einer Zusammenarbeit zukünftig einnehmen soll, ist essentiell. Das hört sich so banal an, ist aber das, womit sich viele wahnsinnig schwertun: sich in die Rolle der Agenturen zu versetzen und eine klare Erwartungshaltung zu formulieren.

Jeder Kunde sollte sich zudem die Zeit nehmen, das Briefing nicht nur schriftlich, sondern auch persönlich zu übermitteln. Das ist einerseits wertschätzend und erhöht auf der anderen Seite das Verständnis für die Aufgabe.

Wir haben außerdem sehr gute Erfahrungen gemacht, alle Agenturen zu einem gemeinsamen Briefing einzuladen. Das ist effizient, fair und sorgt für Transparenz. Allgemeine Fragen können in großer Runde dann sofort beantwortet werden, individuelle und vertrauliche Fragen dann anschließend einzeln, ohne dass Wettbewerber anwesend sind.

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Das Briefing ist da. Jetzt muss es meistens schnell gehen. Zwei Wochen sollten für die Ausarbeitung doch reichen, oder?

Haha! Wenn das Unternehmen später wirklich so mit Agenturen arbeitet, ist es wenigstens realistisch 😉 Nein, mal Spaß beiseite.

Ich glaube, man muss hier ein gutes Maß an Zeitdruck und „sich Zeit nehmen für Qualität“ finden. Je nach Umfang der Aufgabe empfehlen wir für die Ausarbeitung der Pitch-Aufgabe selber einen Zeitrahmen von 4 bis 8 Wochen, also von Briefing bis Pitch-Präsentation. Das schließt Re-Briefings und Midpoints/Workshops ein. Und die Weihnachtsfeiertage zählen nicht als Arbeitstage!

Stimmt denn die altbekannte Regel, dass Ideen aus dem Pitch es selten ins reale Business schaffen, also realisiert werden?

Das würde ich so nicht unbedingt sagen. Aber, was ich sagen würde ist, dass die Ergebnisse aus einem Pitch (fast) nie die fertige Lösung sind. Wichtig ist, dass der Kunde im Rahmen eines Pitches eine realistische Erwartungshaltung hat.

Es darf einfach nicht darum gehen, nur die präsentierte Lösung der Agentur zu bewerten. Es muss das Gesamtpaket in den Fokus rücken, nämlich, ob ich der Agentur zutraue, mich bei meinen Herausforderungen erfolgreich zu unterstützen. Die (gemeinsame) Arbeit geht nämlich nach dem Pitch erst richtig los!

Nun steht der Gewinner aber fest. Jetzt können wir doch sofort loslegen, oder?

Naja, wenn sich der Kunde nach den finalen Verhandlungen – ja, die Kosten dürfen wir leider nicht ganz ausblenden – für eine Agentur entschieden hat, geht es vor allem auch los mit dem Onboarding und der Implementierung der Agentur. Hinsichtlich der steigenden Komplexität im Marketing ist das nicht zu unterschätzen und sollte seitens des Unternehmens bedacht und geplant werden. Je nach Komplexität kann es mitunter 6 Monaten, manchmal auch länger dauern, bis die Agentur Betriebstemperatur erreicht hat. Zugegeben, bei Projektaufgaben ist das Onboarding für die Agenturen auch ein „learning on the project“.

Und was passiert mit denen, die nicht gewonnen haben?

Ein ordentlicher Pitch-Prozess muss unbedingt auch ein Absage- und Feedbackmanagement beinhalten: Agenturen investieren viel Zeit, Ressourcen, Kosten und Herzblut in einen solchen Pitch. Sie haben ein Recht darauf zu erfahren, warum sie den Auftrag nicht erhalten haben. Und es ist wichtig, sich Zeit für ein Gespräch zu nehmen – neben einer schriftlichen Absage ist mindestens ein Telefonat mit den Entscheidern auf Kundenseite erforderlich. Für jede Agentur ist es nämlich wichtig zu erfahren, was sie ggf. hätten besser oder anders machen sollen. Die Pitch-Verantwortlichen auf Agenturseite wollen dies auch intern konstruktiv an ihr Team weitergeben und müssen sich ggf. selber den Fragen und dem Druck der Vorgesetzten stellen.

Wow, das war wirklich viel Input. Mal sehen, ob es Wirkung zeigt. Damit Pitches künftig (noch) besser werden. Vielen Dank, Feli!

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